Homepage des Künstlers: http://www.sibleyfineart.com
Gras, Gräser Büsche zeichnen, Negatives Zeichnen – Mike Sibley
Ich möchte Ihnen mit diesem Artikel noch einmal die Besonderheiten der Naturzeichnung näher bringen, einige der Vorgehensweisen ähneln sehr dem Zeichnen von Haaren oder Fell, hier und da gibt es jedoch Unterschiede. Wir werden hier wieder hauptsächlich „Negativ Zeichnen“ also um einen weißen Bereich herum arbeiten der das Objekt darstellt. Wir zeichnen daher meist nicht das Objekt selbst sondern den Schatten oder den Hintergrund dazu.
Was ist Negatives Zeichnen noch einmal?
Was sehen Sie wenn Sie dieses Bild hier betrachten? Sehen Sie einen alten Trinkbecher oder einen Kerzenständer? Erkennen Sie das positive Bild oder sehen Sie zwei Gesichter die sich anschauen, also das negative Bild. Stellen Sie sich die zwei Gesichter auf einen weißen Blatt vor und füllen Sie den Raum dazwischen mit schwarzer Farbe, das ist negatives Zeichnen, die Flächen erkennen und nicht die Linien.
Die weißen Flächen zu erkennen ist eine sehr wichtige Lektion die Sie lernen sollten…
Gras zeichnen
Es gibt die verschiedensten Arten Gras zu zeichnen z.B. sehr lose skizzierend…
(Dieses Bild ist nur ca. 5 cm hoch und das Gras dient hier nur dazu den Traktor ins Bild zu binden)
…oder sehr detailliert wenn es für die realistische Wirkung des Bildes von Bedeutung ist…
In beiden Fällen ist die Technik sehr ähnlich … der Trick ist schnell genug zu arbeiten… aber lassen Sie mich das genauer erklären…
Geschwindigkeit trickst das Gehirn aus
Wir müssen die rationale Seite unseres Gehirns überwinden, da diese ständig versucht die kreative zu kontrollieren. Lassen Sie Ihr Unterbewusstsein arbeiten, es kenn sich am besten aus. Betrachten Sie die folgenden Beispiele, die es sicher auf den Punkt bringen…
Nehmen Sie z.B. einen Ball, drehen sich herum und werfen ihn sofort wenn Sie es sehen auf ein nicht allzu weit entferntes Ziel. In den meisten Fällen werden Sie treffen. Nehmen Sie den Ball noch einmal, visieren Sie das Ziel diesmal genau an denken Sie über die Geschwindigkeit, Windrichtung und Kraft nach die Sie zum werfen brauchen, und die Stellung Ihrer Füße nach und dann werfen Sie … daneben!
„Das Park-Prinzip“
Versuchen Sie langsam und vorsichtig mit viel Überlegung ein Auto rückwärts in eine enge Parklücke zu manövrieren wird das häufig schief gehen. Versuchen Sie es etwas schneller ohne großartig drüber nachzudenken wird es meist beim ersten Versuch funktionieren. Ich habe das gelernt als ich Taxi Fahrer war – es gehört natürlich auch etwas Erfahrung und Übung dazu klar aber ich glaube das Prinzip haben Sie jetzt verstanden… und bitte schicken Sie mir jetzt nicht die Rechnungen Ihrer Blechschäden….
Kurzum in beiden Beispielen passieren die Fehler wenn Sie Ihrem bewussten Verstand die Kontrolle geben, der Erfolg kommt wenn Sie Ihrer natürlichen Intuition folgen. Mit anderen Worten versuchen Sie es nicht zu verkrampft, lassen Sie die Dinge einfach fließen.
Das schöne am Arbeiten mit Kohle oder Bleistift ist, dass Sie eine fast perfekte Verbindung zwischen Gehirn, Hand und Kunstwerk haben. Sie brauchen nicht zwischendurch absetzen, über Farben oder unterschiedliche Werkzeuge nachdenken, Sie lassen einfach Ihr Gefühl fließen.
Nun wie hilft uns dass beim aktuellen Thema?
Es gibt zwei grundlegende Arbeitstechniken, beide gleichermaßen gut anwendbar, die erste würde ich als „Stricheln und Zurückziehen“, die zweite als “Langsam und Gleichmäßig“ bezeichnen. Die erste ist für die meisten Fälle gut anwendbar Sie enthält ein Element der Spontanität und kann einige überraschende Ergebnisse erzielen. Es geht sehr schnell und braucht nur wenig Korrekturen im Nachhinein. Später werden wir uns noch mit der „Langsam und Gleichmäßig“ Methode beschäftigen und dann auch beide kombinieren.
Stellen Sie sich vor, es gibt nur 2 Arten von Strichen die wir ziehen, einen aufwärts und einen abwärts. Ich ziehe einen Strich aufwärts für die Grashalme, die aus den großen Grasklumpen herausragen. Der abwärts laufende Strich verjüngt sich und definiert die spitzen Enden der Halme. Der aufwärts laufende Strich stellt eine positive Art dar der abwärts laufende Strich ist negativ.
Schnell weiter gearbeitet, weiter Striche wurden hinzugefügt…
…der Bereich wurde erweitert (Die Box zeigt ebenfalls das vorhergehende Bild)
…jetzt zeichne ich weiter nach unten zum Boden um den weißen Bereich zu definieren…
Hier unten wurde dieser Ablauf wiederholt- positive Striche…
Am Boden zeichnen Sie in die negativen Formen hinein und beginnen neue weiße Bereiche zu definieren…
Etwas mehr Arbeit im mittleren Bereich verbindet die beiden Teile miteinander und etwas mehr Tonvolumen gibt dem negativ gezeichneten Grass mehr Körper.
Beachten Sie , die willkürlichen positiven Striche hinter den negativen Halmen drücken diese im Bild weiter nach vorn.
Und ganz vorn um Tiefe zu erzeugen.
Zum besseren Verständnis habe ich diese Beispiele wesentlich größer gezeichnet als ich es normalerweise tun würde. Hier sehen Sie eine erweitere Version der Technik …
Versuchen Sie diese Übung um Ihre Fähigkeiten beim „Negativen Zeichnen“ zu verbessern (Probieren Sie keine Hilfslinien zu ziehen)
Bilden Sie ein paar weiße Halme auf Ihrem Papier ab und definieren Sie Raum…
Füllen Sie das Bild immer weiter auf, bis Sie den ganzen weißen Raum definiert haben.
…beginnen Sie dann Unterschiede in den Tonhöhen anzulegen um die räumlichen Verhältnisse anzulegen.
Ich muss meinem Freund Murray Cholowsky für das Foto danken, es stellt seine letzte Herausforderung zu dem Thema dar…er fragte mich danach ob ich dieses Gras zeichnen könnte…
Beachten Sie das Gras hier auf zwei Flächen – einmal im markanten Vordergrund, die starken Halme sagen dem Auge des Betrachters „es ist Gras“ und im Hintergrund eine etwas entfernte Fläche die das Auge nicht richtig definieren kann aber der Betrachter weiß es ist Gras weil er den Vordergrund erkennt. Das Gehirn möchte immer in allem was es sieht einen Sinn erkennen – so werden wir da etwas nachhelfen. Lassen Sie uns den vorderen Bereich betrachten…
Hier würde ich damit beginnen die markantesten Halme zu setzen, eine leichte Linie auf der Seite zu setzen um den Raum zu begrenzen, denken Sie immer daran sie definieren mit Ihren Linien den weißen Raum. Nicht die Linie ist das Wichtige sondern der Raum dazwischen. Es gibt hier nur eine Vorgabe: was Sie anfangen müssen Sie beenden, jeder Halm den Sie setzen muss einen Anfang und ein Ende haben- er muss irgendwo hin führen. Das Auge erkennt Elemente, die es nicht versteht und bleibt daran „hängen“ es lenkt den Betrachter vom Bild ab und zerstört die Vorstellung von Realismus, die Sie erzeugen möchten.
Wenn Sie die wichtigsten Grashalme im Vordergrund gesetzt haben gehen Sie zum hinteren Bereich über, verwenden Sie einen mehr spontanen Stil, lassen Sie Ihre Vorstellung fließen, arbeiten Sie frei und vermeiden Sie Gleichmäßigkeit oder Wiederholungen. Ihr Ziel ist Natürlichkeit also lassen sie Ihre natürliche Seite arbeiten. Lassen Sie den Vordergrund mit den großen Halmen unberührt bis Sie diesen Teil hier komplett fertig haben. Sie können die Tonhöhen nicht richtig einschätzen bevor der Hintergrund komplett angelegt ist.
Wenn Sie an diesen “sekundären Bereichen” arbeiten fügen Sie am Übergang zu den großen Grashalmen einige willkürlichen Formen und Linien ein, solange diese grob der erlernten Grasform entsprechen reichen sie aus um im Auge des Betrachters mehr Detail erscheinen zu lassen als wirklich vorhanden ist. In der Natur könnten Sie in solch einer Szene auch nicht jedes Detail erkennen (besonders in den Schatten) so ist es auch hier.
Jetzt stellen Sie sich vor, Sie würden wirklich in der Natur in der Szene vor der Wiese stehen und versuchen soviel Realismus wie möglich zu erzeugen, dunkeln Sie einige Halme weiter ab, fügen Sie Schatten ein und hellen Sie einige weiter auf bis sie kaum mehr erkennbar sind.
Auch in der Natur könnte man nicht alle Bereiche völlig klar sehen, Einiges wäre immer im Schatten oder Anderes viel zu hell.
Wenn der Hindergrund fertig gestellt ist können die großen Halme im Vordergrund nachgetönt werden und eventuelle Korrekturen vorgenommen werden.
Abschließend werden das Wasser im Vordergrund und die Reflexionen angelegt.
Beim langsam vorwärts Arbeiten kann man jeden einzelnen Schritt kontrollieren. Jedes Blatt könnte in den Schatten zurückgedrückt oder vor ins Licht gebracht werden weil der Hintergrund dazu existiert.
Vielleicht hilft es Ihnen zu wissen, dass es ein sehr kleines Bild ist 5x8cm und ich ca. 1,5 Stunden dafür gebraucht habe.
Diese Technik wurde auch angewendet für:
Heuballen und Gras …
Gestrüpp und Wurzeln …
Der Zeichner Mike SibleyHomepage des Künstlers: http://www.sibleyfineart.com
Mikes Kunstwerke finden sich in den verschiedensten Sammlungen in den USA, Australien und Skandinavien. Seine erste Ausgabe limitierter Drucke war schon nach 3 Stunden ausverkauft. Er nimmt nur noch selten Aufträge an da schon eine lange Warteliste besteht. …bis 1965 Ab 1966 studiert Mike am Manchester College of Art & Design und wird mit den verschiedensten Materialien und Techniken vertraut. Er wendet sich zwischenzeitlich Bildhauerei und auch zeitweise der Musik zu findet aber schnell zu seinen Monochromen Zeichnungen zurück. 1979 Hauptsächlich durch Initiative seiner Frau Jenny entsteht eine erste Serie Kunstdrucke mit Hundemotiven, ab hier beginnt eine Erfolgsgeschichte… Bis zum heutigen Tage sind unzählige weitere Werke entstanden , von vielen sind Kunstdrucke erhältlich , Mike gibt etliche Kurse und unterrichtet um sein Wissen weiter zu geben, wir danken Ihm recht herzlich, dass er uns diese Auszüge aus seinen Büchern zur Verfügung stellt. Homepage des Künstlers: http://www.sibleyfineart.com |